Bausparen

Bausparen hat eine lange Tradition, so wurde die erste Building Society im 18. Jahrhundert in England gegründet. Vor allem aber auch im deutschsprachigen Raum erfreut sich das Finanzprodukt großer Beliebtheit, weshalb zwischen 30 und 60% der Finanzierungsvolumen im Hausbau in diesen Ländern von Bausparkassen gestellt werden. Das recht simple Modell eines niedrigeren Zinses sowohl in der Anspar- als auch in der späteren Kreditphase sichert Kunden gegen mögliche negative Zinsentwicklungen ab. Die finanzmathematischen Vertragsstrukturen eines Bausparvertrags sind dabei kaum durch die Kombination von anderen Finanzprodukten replizierbar. Weiterhin geben Bausparer durch ihre Disziplin in der Sparphase positive Signale and die Bausparkassen selbst und an andere Kreditgeber. Im Zusammenspiel mit der langen Tradition und daraus resultierenden Vertrauenswürdigkeit der Bausparkassen, entstehen Kundenbeziehungen, die von der kurzen Distanz zwischen Bausparkasse und Kunden und der Entstehung von weichen Informationen profitieren.

Bausparen kann weiterhin aber auch als eine Form der finanziellen Entwicklung gesehen werden. Verschiedene wirtschaftliche Akteure mit finanziellen Restriktionen kommen im Kollektiv zusammen, um gemeinsam langfristige und große Investitionsprojekte zu finanzieren. Die Frage ist dabei, ob Bausparer besondere Charakteristiken mit sich bringen und ob sich das Bausparkollektiv in einer Art Peer-to-Peer-Verbreitung ausbreitet. Mit Hilfe historischer Daten einer der größten Bausparkassen Deutschlands widmen wir uns diesen Fragen und untersuchen weiterhin die ökonomische Theorie des Bausparens in diesem Forschungsschwerpunkt.

Laufende Projekte:

Who are the Clients of Early Financial Development? An Analysis of Historical Contractual Savings for Housing Data


Durch das Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg ist es uns möglich, historische Dokumente zu den Baugeldzuteilungen einer der größten deutschen Bausparkassen zu digitalisieren und die Entwicklung und Ausbreitung des Bausparens als Form der finanziellen Entwicklung in den 1920er und 30er Jahren in Deutschland zu analysieren. Die Ausbreitung wird dabei geographisch und über verschiedenen soziale Schichten und Klassen hinweg durchgeführt. 

 

Die Ergebnisse zeigen, dass vor allem die obere Unterschicht und gesamte Mittelschicht der damaligen Gesellschaft vom Bausparen profitierten und Verträge abgeschlossen haben. Die unterste Unterschicht lebte am Existenzminimum und konnte in keinem Fall sparen, während die Oberschicht genug Kapital zur Verfügung hatte um ohne Hilfe große Investitionen zu tätigen. Vor allem in der Mittelschicht lassen sich Finanzrestriktionen vermuten, die durch das Bausparkollektiv überwunden wurden. Besonders Selbstständige, Angestellte und Staatsbedienstete in den Sektoren der Industrie, des Handwerks und eben des Staatsdienstes nutzen diese neue Form der finanziellen Entwicklung. Geographisch breitete sich das Phänomen konstant über die Weimarer Republik aus. Während 1926 fast ausschließlich Verträge in Baden-Württemberg zugeteilt wurden, waren wenige Jahre später auch Kunden in Bayern und Hessen, Mittel- und Norddeutschland, sowie in Österreich, Frankreich und Schlesien vertreten. Einzig Preußen hatte nur wenige Bausparer. 

Publikationen:

  • Kirsch, Steffen, and Hans-Peter Burghof. "The efficiency of savings-linked relationship lending for housing finance." Journal of Housing Economics 42 (2018): 55-68.

Working Paper:

Artikel in Fachzeitschriften:

  • Burghof, H.-P. & Gehrung, M. (2021). "Bausparen aus Perspektive der 'Sharing Economy'." Immobilien & Finanzierung, Jg. 72.
  • Burghof, H.-P. & Gehrung, M. (2019). "Bausparen und die Kosten der privaten Immobilienfinanzierung." Immobilien & Finanzierung, Jg. 70.
  • Burghof, H.-P., Schmidt, D. & Willershausen, G. (2017): Bausparen und Zinsbindung – Eine ökonomische Wertung. WM – Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht IV, S. 1437-1442.
  • Burghof, H.-P., Schmidt, D. & Willershausen, G. (2018): Bausparen in der Krise: Verantwortung der Politik und des Rechtsstaats. Band 6 der Managementreihe des zeb, S. 49-84.